TAZ-Kritik „Schönwettermenschen im Regen"


Schönwettermenschen“ am Wiener Theaterhimmel.

Eine fulminante und rundum gelungene Premiere am Saisonende. 

Von taz-Theaterkritiker Joachim Lottmann 08.06.2016

Selten habe ich in dieser Saison ein Stück gesehen, dass so sehr einer bestimmten Theatertradition verpflichtet war wie dieses. Vor allem: was für einer! Die kleinen Pariser Vorort-Bühnen des 18. und 19. Jahrhunderts – und auch jene in der Leopoldstadt – spielten unterhaltsame und gleichwohl ernste, weil den Alltag spiegelnde Komödien, eben wie „Schönwettermenschen“. Um 1850, als das reiche Bürgertum die Theaterpaläste besuchte, hatten auch die kleinen Leute ihre Erbauung. Als dann das Kino kam, das Radio, das Fernsehen, starb das alles ab. Es ist schon erstaunlich, daß 166 Jahre später so ein Text geschrieben, in dieser Weise aufgeführt und solch ein Publikum finden konnte (nämlich die unteren Schichten des Problembezirks am Hauptbahnhof). Der Saal war überfüllt wie ein sizilianisches Kino kurz nach dem Krieg. Und die Stimmung war von ersten Pointe an „bombe“, wie man in der Donaustadt sagt. Die Leute kreischten vor Vergnügen und weinten echte Tränen bei den traurigen Stellen. (...) 


Viele trauten ihren Augen nicht, denn soviel Pfeffer und Esprit schafft das moderne Regietheater schon seit zwanzig Jahren nicht mehr – vielleicht, weil die Häuser dafür zu groß sind. (…)


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